Ministerin besucht Fischwerk
08.07.2019
Julia Klöckner und Till Backhaus bei Euro Baltic
Die Lage für die deutschen Ostseefischer ist ernst. Spätestens seit der ICES-Fang-empfehlung für das nächste Jahr für die Ostsee und die von der Kommission forcierten Sofortmaßnahmen für den östlichen Dorsch geht es um nicht mehr als die Existenz der Küstenfischerei an der deutschen Ostseeküste. Aus diesem Grund reiste die Bundes-ministerin Julia Klöckner nach Sassnitz, um sich gemeinsam mit dem Fischereiminister aus Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Till Backhaus, vor Ort ein Bild von der Lage zu machen und mögliche Maßnahmen zu beraten.
Ministerin Klöckner informierte die Teilnehmer darüber, dass die Fischer voraussichtlich ab August auf Basis eines Kommissionsbeschlusses mit einem Fangverbot für den Dorsch aus der östlichen Ostsee rechnen müssen. Die EU-Kommission beabsichtigt bis Ende des Jahres die Fischerei auf den östlichen Dorsch auch im Gebiet 24 zu verbieten. In diesem Gebiet vermischen sich die Bestände vom westlichen und östlichen Dorsch. Laut den Untersuchungen des ICES ist der östliche Dorsch in einem schlechten Zustand. Allerdings ist die natürliche Sterblichkeit der Wissenschaft zufolge dreimal größer als die fischereiliche. Somit bleibt unklar, ob diese Maßnahme einen positiven Effekt auf die Bestandsentwicklung hätte. Hinzu kommt, dass der Ostdorsch im Gebiet 24 nur in größeren Wassertiefen und nicht in Küstennähe vorkommt. Ein Fangverbot für das gesamte Gebiet 24 wäre das Aus für die kleine handwerkliche Küstenfischerei an der vorpommerschen Küste. Mögliche Ausnahmeregelungen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.
Versammlung bei der Euro-Baltic, v.l. Till Backhaus, Julia Klöckner, Walter Dübner, Uwe Richter, Diek Parlevliet und Andreas Berthold im Hintergrund. Foto: Alfredo Stoffel
"Das darf nicht passieren", sagte Till Backhaus. Er werde sich dafür stark machen, dass es Sonderregelungen für die kleine handwerkliche Fischerei gibt. Das Bundesministerium hofft, bei der EU Ausnahmen für die küstennahe Fischerei durchsetzen zu können. Klöckner machte aber deutlich, dass man sich im nächsten Jahr auf eine deutliche Kürzung der Quoten einstellen müsse.
Ein weiteres Thema brachten die Gastgeber vom Fischverarbeitungswerk ein: Brexit. Hier drohen erhebliche Verluste für das Fischverarbeitungswerk, sollte Großbritannien den anderen EU-Ländern den Zugang zu den britischen Gewässern nach dem Brexit verwehren. Mehr als 90 Prozent der bei Euro-Baltic verarbeiteten Heringe stammen aus britischen Gewässern. Zusammen mit den zu erwartenden Einschränkungen bei der Heringsfischerei in der westlichen Ostsee wäre dadurch der Fortbestand des Werkes gefährdet. Uwe Richter, Geschäftsführer von Euro-Baltic, forderte zudem mehr Zusammenhalt und Abstimmung im Rahmen der EO`s zur besseren Koordinierung der zu erwartenden geringen Anlandemengen in der Saison 2020.
Nach einem gemeinsamen Rundgang durch das Fischverarbeitungszentrum brachte Minister Backhaus zum Schluss den Ernst der Lage noch einmal auf den Punkt. "Von den rund 1.400 Haupterwerbsfischern in 1989 sind derzeit nur noch 230 Unternehmen übrig. Mehr als die Hälfte der Fischer ist mittlerweile älter als 60 Jahre - das schreit nach klaren Perspektiven", so Backhaus. Julia Klöckner nahm sich abschließend noch die Zeit für einzelne, persönliche Gespräche.
Werksbesichtigung bei Euro-Baltic, v.v.l. Uwe Richter, Till Backhaus, Julia Klöckner und Werner Kuhn Foto: Alfredo Stoffel